Sei doch nicht immer so negativ!

Sei doch nicht immer so negativ!
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Jutta AdministratorKeymaster
Mein Name ist Jutta Jorzik-Oels, als Berater und Coach bin ich spezialisiert auf Hochsensibilität. Ich helfe hochsensiblen Menschen in Krisensituationen.

Wenn du, wie ich, zu den hochsensiblen Menschen gehörst, hörst du vermutlich häufiger: „Sei doch nicht so negativ!“

Vermutlich ist deine Reaktion darauf ähnlich wie meine: Negativ? Ich bin überhaupt nicht negativ!

Ich füge noch hinzu: Ich bin ein grenzenloser Optimist!

Doch dann wird mir immer schnell die Zwecklosigkeit meiner Antwort bewusst.
Denn ich verstehe, was mein Gegenüber mit „negativ“ meint.

Missverständnisse zwischen Hochsensiblen und Neurotypen

Hochsensible denken anders.
Hochsensible betrachten eine Sache nicht nur von vorne, gewissermassen zweidimensional, sondern wie einen dreidimensionalen Körper von allen Seiten, und anschliessend auch von innen.

Wir wollen alles ganz genau verstehen.

Dazu gehört, auch die nicht so schönen Seiten der überwiegend positiven Dinge zu sehen.

Gibt es überhaupt etwas, das nur positive Seiten hat? Nicht in der physischen Welt.

Ich gebe zu: An dieser Stelle ist es mir bei all meiner Empathie fast unmöglich, den Standpunkt neurotypischen Denkens zu verstehen.

Es hat nichts mit negativ zu tun, auch die unschönen Seiten zu sehen!

Noch viel häufiger jedoch sagt jemand zu mir:

Guck doch nicht immer so ernst!

Richtig ist, dass ich oft ernst gucke.
Man sieht mir an, wie ich bin: Nämlich ernst.

Warum soll ich also nicht ernst gucken?
Eine ernste Grundhaltung ist demnach nicht opportun. Nach dem Motto: Die Zeiten sind ernst genug, also lasst uns fröhlich sein?

Am meisten betroffen bin ich, wenn diese Aufforderung von Menschen kommt, die mich gut kennen; die also wissen, dass ich ein ernster und tiefsinniger Mensch bin, dass ich ganz und gar nicht zur Oberflächlichkeit neige.

Denn da fühle ich mich in meinem Wesen nicht nur verkannt, sondern nicht angenommen.

Heutzutage ist es ja Usus, jedes Treffen mit Freunden, jede Familienfeier, jedes Ereignis fotografisch festzuhalten. Ich lasse mich nicht besonders gern fotografieren. Denn in aller Regel passt dem Fotografen mein ernster Gesichtsausdruck nicht.

Also heisst es:

Lächel doch mal!

Oft lächele ich, schon dem Fotografen zuliebe. Auf allen Fotos, die ich speziell für meine Website habe machen lassen, lächele ich.

Doch viele, und interessanterweise vor allem neurotypische Menschen nehmen mein Lächeln nicht wahr. Da heisst es: „Du guckst ja so ernst“.

Wenn ich dagegen mein normales, also ernstes Gesicht zeige, wird das als traurig interpretiert.

Schon als Kind war ich ernst und nachdenklich. Da mein Vater ein begeisterter Hobbyfotograf war, gibt es sehr viele Kinderfotos von mir. Auf fast allen schaue ich ernst, auch auf Kleinkindfotos. Als Kind durfte ich noch ernst gucken.

Für meine Nachdenklichkeit, Ernsthaftigkeit und mein Hinterfragen der Dinge wurde ich als Schülerin durchweg sehr gelobt.

Seit wann wird mein ernstes Aussehen kritisiert? Ganz genau kann ich es nicht sagen; seit ungefähr 20 – 30 Jahren, meine ich. Also seit der Jahrtausendwende oder etwas früher.
Und seitdem wird mir auch vorgehalten: Sei doch nicht immer negativ!

Oft möchte ich den Leuten zurufen: Ich bin weder traurig noch negativ!

Ich zeige mich, wie ich bin

Sei doch nicht so negativ
Bild von Dennis Beck auf Pixabay

Ich zeige mich ungeschminkt, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Das ist nicht sehr populär in der heutigen Zeit. Zwar sind seit dem Ende der Sars-Cov-2 Pandemie die sichtbaren Gesichtsmasken weggefallen, aber die unsichtbaren Masken sind verbreitet wie nie zuvor.

Trotz meiner Nachdenklichkeit und Ernsthaftigkeit bin ich sehr freundlich und hilfsbereit.
Dank meiner positiven Grundeinstellung glaube ich an das Gute in der Welt und bin überzeugt davon, dass alles gut wird.
Deshalb lächele ich so gut wie immer die Menschen an, denen ich begegne: Nachbarn, Kassierern, Fremden, und grüsse alle freundlich. Und die Menschen lächeln und grüssen zurück.

Meine angebliche Negativität offenbart sich erst in Gesprächen, die über Smalltalk hinausgehen. Möglicherweise ist es gar nicht die Gründlichkeit, mit der ich die Dinge zu betrachten pflege, die als negativ empfunden wird.

Mir kommt der Verdacht, dass in diesen herausfordernden Zeiten  Nachdenken im allgemeinen unpopulär ist und vermieden wird; zu gross ist das Risiko, dass man dabei in gefährliche Gewässer, sprich globale Probleme gerät.

Tja. Smalltalk habe ich – fast möchte ich hinzufügen: selbstverständlich – immer schon gehasst. Als typisch Hochsensible liebe ich gute, tiefgründige Gespräche; mit oberflächlichem Geplapper konnte ich noch nie was anfangen. Weswegen ich mich schon als Teenager auf Partys unbeliebt gemacht habe als Stimmungskiller. Das hat mir nie etwas ausgemacht.

Denn wenn jemand nicht ernsthaft reden mag, kann ich auch gut und gern schweigen. Und dabei nachdenken, mit ernstem Gesichtsausdruck.

lies auch: Denkst du immer positiv?

Mehr darüber in meinem Grundlagenbuch über Hochsensibilität:

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