Gespräche mit Hochsensiblen

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Jutta AdministratorKeymaster
Mein Name ist Jutta Jorzik-Oels, als Berater und Coach bin ich spezialisiert auf Hochsensibilität. Ich helfe hochsensiblen Menschen in Krisensituationen.

Eines der Hauptanliegen dieses Blogs ist, mit den vielen Missverständnissen aufzuräumen, die über Hochsensibilität kursieren.

Der grösste Irrtum  ist leider nach wie vor, dass Hochsensibilität vor allem bedeutet, die klassischen 5 Sinne – sehen, hören, riechen, schmecken, tasten – würden extrem sensibel reagieren, was schnell zu einer  Überreizung führt. Dass es für diese Phänomene auch andere Gründe gibt, wird weder von der Öffentlichkeit noch von der Forschung zur Kenntnis genommen.

Aus diesem Missverständnis ergeben sich weitere; wie: Hochsensibilität ist nicht bzw. nur bedingt angeboren. Oder: Hochsensibilität wird durch Traumata ausgelöst.

Seit ich meine eigene Hochsensibilität entdeckte, sprich: Eine Erklärung für mein Anders-Sein fand, habe ich unzählige Gespräche geführt mit Menschen, die sich zu den Hochsensiblen zählen. Diese Gespräche drehten sich meist um einzelne Teilbereiche der Hochsensibilität und dienten meiner eigenen Forschung.

Vor einiger Zeit kam ich auf die Idee, Interviews mit Menschen zu führen, die von ihrer Hochsensibilität überzeugt sind, und diese Interviews als Videos öffentlich zu machen.

Meine Hoffnung war, damit zeigen zu können, dass sich Hochsensibilität und Hypervigilanz* deutlich voneinander unterscheiden. Vor allem aber wollte ich deutlich machen:

Hochsensibilität ist mehr als hochsensibel sein! 

Was dabei herauskam:

Viele wunderbare, herzbewegende Gespräche!

 

Das Wichtigste

Entgegen der Blogger Regel, den Leser hinzuhalten, Spannung zu erzeugen und den Clou erst ganz zum Schluss bekannt zu geben, verrate ich dir jetzt schon die drei wichtigsten Ergebnisse:

  1. Keiner meiner Gesprächspartner erlebt sich im Bereich der 5 körperlichen Sinne als übermässig sensibel! Eine meinte sogar, eher untersensibel in diesem Bereich zu sein.
  2. Jeder der Teilnehmer hat starke sog. übersinnliche Wahrnehmungen.
  3. Alle sind zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer Hochsensibilität und würden im Leben nicht darauf verzichten wollen.

Diese Ergebnisse hatte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet!

Insgesamt führte ich 8 Interviews via Online-Video; und einige Menschen beantworteten meine Fragen schriftlich.

So wenige?? Natürlich ist das weit, weit von einer repräsentativen Umfrage entfernt. Aber da die Antworten auf die wichtigsten Fragen verblüffend übereinstimmten, werte ich sie doch als deutlichen Hinweis.

Ich hatte über meinen Newsletter* und in den sozialen Medien nach Interviewpartnern gesucht und hatte keine Ahnung, was für Menschen sich melden würden. Allen stellte ich 17 zuvor zusammengestellte Fragen.

Die Antworten bestätigten meine Thesen und entsprachen somit meinen Erwartungen. Was mich aber überraschte, war die Klarheit und die vollkommene Übereinstimmung in einigen Punkten.

 

Eigenschaften

Gefühle anderer fühlen

Meine allererste Frage war, wann das Anders-Sein zum ersten Mal bemerkt wurde, und wodurch; was war anders erlebt worden.

Einige stellten schon in früher Kindheit fest, dass sie anders waren, andere erst im Schulalter; immer aber vor der Pubertät. Spannend war, dass ausnahmslos alle meine Gesprächspartner ihr Anders-Sein daran bemerkten, dass sie ganz intensiv die Gefühle und Energien anderer Menschen spürten!

 

Hellfühligkeit

Meine nächste Frage war nach sog. ausser- oder übersinnlichen Wahrnehmungen. – Diese Frage ist in allen HS-Gruppen und – Foren heikel. Viele Menschen, die von sich sagen, sie seien hochsensibel (und nicht hypervigilant*), haben gar keine nicht-sinnlichen Wahrnehmungen; zum Teil halten sie derartige Eindrücke sogar für krankhaft. Ich dagegen hatte immer Zweifel, ob es Hochsensibilität ohne nicht-sinnliche Wahrnehmungen überhaupt gibt.

Jedenfalls beantworteten alle Teilnehmer meine diesbezügliche Frage positiv! Aussersinnliche Wahrnehmungen sind für sie so selbstverständlich wie für Andere die Wahrnehmung von fester Materie. Mehr als die Hälfte sehen zukünftige Ereignisse voraus.

 

Hochsensible fühlen sich verbunden mit anderen

Die nächste Frage bezog sich auf weitere Eigenschaften, die typisch sind bei Hochsensibilität; wie: Sich-verbunden-fühlen mit allem Wesenhaften; ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, Wahrheitssinn; Ablehnung von Wettbewerb und Konkurrenzdenken. Alle bestätigten, sich mit Allem verbunden zu fühlen.

 

Vernetztes Denken

Falls es noch Zweifel gegeben hätte, ob die jeweiligen Interviewpartner wirklich hochsensibel sind, untermauerte die Antwort auf die Frage nach dem Denken alle vorherigen Aussagen: Jeder beschrieb sein Denken als bildhaft und zusammenhängendes Gedankennetz. (Das ist etwas, was bei nicht-hochsensiblen Menschen nicht vorkommt! Zwar denken auch Hochbegabte vernetzt, nicht aber bildhaft.)

 

Mikrophon
Interview

 

Kindheit und soziales Umfeld

Die folgenden Fragen bezogen sich auf die Erfahrungen, die die Teilnehmer mit ihrem Anders-Sein gemacht hatten; nach Unterstützung bzw. Ablehnung von Bezugspersonen; eventuelle  traumatische Erfahrungen auch von den Eltern.

Wie erwartet, fielen die Antworten hier unterschiedlich aus. Einige hatten durch die Hochsensibilität Probleme in der Schule gehabt; andere nicht. Bei einigen wurde das Anders-Sein von den Eltern sehr abgelehnt; teilweise bis zum Ausgrenzen.

Sehr überraschend war für mich, dass auch hochsensible Mütter/Eltern ihre Kinder nicht unterstützten. – Ich vermute, dass bei allen Eltern, die die Hochsensibilität ihrer Kinder ablehnten oder „weg zu erziehen“ versuchten, zur Generation der Kriegskinder gehören, die selbst an dem Kollektivtrauma der schwarzen Pädagogik leiden oder litten und teilweise wohl ihre eigene Hochsensibilität versteckten und verdrängten. **

Denn die Frage nach weiteren hochsensiblen Familienmitgliedern, vor allem bei Eltern oder Grosseltern wurde von Einigen eindeutig bejaht. Die meisten anderen vermuteten verdrängte Hochsensibilität bei einem Elternteil.

 

Leben mit Hochsensibilität

Weiter drehten sich die Gespräche um den Alltag und den Herausforderungen hochsensibler Menschen.

Gab oder gibt es dadurch Schwierigkeiten in der Schule/ Ausbildung und im Beruf? –  Die Erfahrungen auf diesem Gebiet waren unterschiedlich.

In welchen Situationen wird die Hochsensibilität als Bereicherung, wann eher als Belastung empfunden? Und die Gretchenfrage: „Hast du Probleme, dich abzugrenzen; wenn ja, in welchem Bereich?“

Diese Frage wurde wieder von allen übereinstimmend beantwortet: Alle haben Probleme, sich gegen die Wahrnehmung von Gefühlen anderer Menschen abzugrenzen!

Und das ist auch das, was manchmal belastet: Die Wahrnehmung zu vieler Gefühle aus der Umgebung; besonders solcher, die den Menschen, in deren Seele diese Gefühle leben, überhaupt nicht bewusst sind.

Diejenigen, welche künftige Ereignisse voraussehen im Schicksal der Menschen, empfinden verständlicherweise auch diese Wahrnehmung als Belastung.

Die meisten meiner Gesprächsteilnehmer kamen meiner nächsten Frage vorweg und berichteten, dass sie in die Natur gehen und sich mit der Natur verbinden, um wieder zu sich zu kommen.  Auch hier wieder völlige Übereinstimmung: Das Wahrnehmen der Pflanzen- und Tierwelt ist sehr wichtig und spielt eine grosse Rolle im Alltag, obwohl das Leiden der Natur als belastend empfunden wird.

 

Nachteile sind Vorteile

Und gibt es denn gar keine negativen Seiten an der Hochsensibilität? Doch, die gibt es: Orte, an denen sich sehr viele Menschen aufhalten, werden gemieden, da die Wahrnehmung der Emotionen so vieler Menschen zu sehr belastet. So ist beispielsweise die Teilnahme an Konzerten nicht möglich, denn Konzentration auf die Musik ist kaum möglich.

Gleichzeitig wurde aber von allen betont, dass genau diese Eigenschaft: Das Wahrnehmen der Gefühle anderer – die grösste Stärke der Hochsensibilität ist, bzw. überhaupt die erhöhte, intensive Wahrnehmung.

Somit waren die letzten Fragen fast schon rhetorisch: „Erlebst du deine Hochsensibilität eher positiv oder eher negativ?“

Wie zu diesem Zeitpunkt schon zu erwarten war: Alle empfinden sie als positiv. Aber: Das war nicht bei allen schon immer so! Einige mussten erst den Beruf wechseln; einige haben aufgrund belastender Erfahrungen durch die Hochsensibilität sehr viel innere Arbeit geleistet, um nun glücklich hochsensibel zu sein.

Eine Teilnehmerin sagte: „Hochsensible erleben die Welt in Farben, wenn auch manchmal die Farben etwas schrill sind – aber für Neurotypen ist die Welt schwarzweiss!“

Also gab es noch eine allerletzte Frage, um ganz sicher zu gehen: „Wenn es die Möglichkeit gäbe zu tauschen, würdest du neurotypisch sein wollen statt hochsensibel?“

Und wieder eindeutige Antworten: „Nie! Niemals! Never ever!“ Sicher hat es in manchen Situationen Nachteile, aber für die vielen Gaben werden die gern in Kauf genommen.

 

Feuerwerk
Hochsensible haben der Welt viel zu geben!

 

Fazit

Ich bin so, so dankbar für diese Gespräche! Denn sie haben deutlich gezeigt:

Hochsensible haben der Welt so viel zu geben! Alle setzen ihre Fähigkeiten ein, um anderen zu helfen; entweder im Beruf, oder ehrenamtlich. Viele sind tätig als Heiler oder als Coach.

Ausser den beschriebenen Übereinstimmungen gab es noch mehr Gemeinsamkeiten: Die meisten sind Ketzerseelen und Scanner. Auch das Gefühl, von anderen Planeten zu kommen und nicht in diese Welt zu gehören, verbindet uns.

Einige fügten zum Abschluss noch etwas hinzu, was ihnen besonders wichtig ist:

  • Hochsensibilität sollte viel bekannter sein.
  • Hochsensibilität sollte viel mehr berücksichtigt werden.
  • Jedes Kind soll in seiner Einzigartigkeit, in seinem Anders-Sein akzeptiert werden.

 

Schliessen möchte ich diesen Beitrag mit dem Gedicht von einer Teilnehmerin:

Die Welt

Bunt und fein voller Blütenstaub sehe ich sie

– ich bin eine Träumerin –

sanft und zart sehn` ich sie herbei

und höre doch der Erde Schrei.

Ich fühle ihren Schmerz,

der mich verletzt.

(Lydia Bals)

Hier sind die Links zu den Videos derjenigen, die einer Veröffentlichung zugestimmt haben:

Jutta

Sophia

Nuria

Mike

Sabine

 

*Du kennst meinen Newsletter Herzgedanken noch nicht? Hier kannst du ihn bestellen: Herzgedanken

*zu Hypervigilanz lies auch: hochsensibel oder hochempfindlich?

**verdrängte Hochsensibilität und Kriegskinder: lies dazu auch  Die Wirkung früher Traumata

Bevor ich es vergesse: An dieser Stelle noch mal ganz herzlichen DANK an euch alle, die ihr mitgemacht habt!

 

Kommentare sind wie immer sehr willkommen!

2 Gedanken zu „Gespräche mit Hochsensiblen

  1. Liebe Jutta,danke für das Interview mit Jutta,das ich gerade gesehen habe.Eure ruhige Art empfinde ich als sehr wohltuend.Ich freue mich über euch und eure Begabungen.

    1. Liebe Christina,
      herzlichen Dank für Dein Feedback! Das Interview mit Jutta war das erste von allen und für mich wirklich auch so berührend und bereichernd!

      Herzbewegte Grüsse, Jutta

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