Hochsensibilität – so was peinliches!

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Jutta AdministratorKeymaster
Mein Name ist Jutta Jorzik-Oels, als Berater und Coach bin ich spezialisiert auf Hochsensibilität. Ich helfe hochsensiblen Menschen in Krisensituationen.

Wie Bitte???

Wieso das denn?

Auf der Startseite steht doch gross und deutlich, wie wunderbar Hochsensibilität ist!

Ja, ist sie auch!

???

 

Nein, das ist keine Provokation. Denn was ich überhaupt nicht mag, ist der Begriff hochsensibel / Hochsensibilität.

Ich tue mich äusserst schwer damit, von mir zu sagen: „Ich bin hochsensibel“
Denn wie hört sich das an für Menschen, die nicht HS sind und sich nicht gross mit dem Phänomen HS beschäftigt haben?

Genau. Das klingt wie: “ Sei bloss vorsichtig mit mir! Sonst kann es passieren, dass ich gleich – schreie – zu heulen anfange – weglaufe – sehr merkwürdig werde“
Ich behaupte nicht, dass das Wort „sensibel“ negativ besetzt ist. Aber es weckt auf jeden Fall gewisse Erwartungen und Assoziationen.
Wie beispielsweise, dass ich als HSM doch Verständnis haben muss, dass der andere so übel gelaunt ist, weil er schlecht geschlafen hat oder gerade einen Ehestreit hatte.
Wie beispielsweise, dass ich als HSM auf Anhieb richtig antworten kann, wenn die Bekannte fragt: „Kann ich dem vertrauen?“

 

Und ja, hochsensible Menschen – HSM nehmen in der Tat meist mehr wahr als Nicht-HSM. Weswegen es tatsächlich Menschen gibt, die Angst haben vor HSM, wenn sie um dessen HS wissen: „Der weiss ja so viel über andere! Das ist  mir unheimlich“.

 

Wenn ein Hochsensibler die Nerven verliert

 

Ja, es soll ja tatsächlich mal vorkommen, dass auch ein Hochsensibler schlecht geschlafen hat oder aus was für Gründen auch immer einen schlechten Tag hat, schlecht gelaunt ist und seinen Mitmenschen anraunzt! Und das kommt gar nicht gut an bei denjenigen Mitmenschen, die um die Hochsensibilität wissen. Jeder andere darf mal rumzicken oder laut fluchen – aber doch nicht ich! Denn schliesslich bin ich doch so sensibel und mitempfindend – wie kann ich da so rücksichtslos sein und den Nachbarn/Kollegen  wen auch immer anmeckern! Ich als Empath muss schliesslich wissen, dass ihn das verletzt!

 

Ja, da sind sie wieder, die ganzen Mythen über Hochsensibilität.

 

Wer sagt, dass Hochsensible immer sensibel und feinfühlig sind?

 

Das sind sie nämlich keineswegs!

 

Sensibilität (oder auch Sensitivität oder Empfindsamkeit) und Empathie sind nicht dasselbe wie Feinfühligkeit! Das ist schon mal der erste Irrtum.

 

Sensibilität, vor allem Hochsensibilität, hilft und macht fähig, mitzuempfinden, was in anderen Menschen vorgeht.

 

Feinfühligkeit heisst so viel wie Takt, Taktgefühl. Um jemandem etwas unangenehmes sehr taktvoll zu sagen, muss man nicht unbedingt mitfühlend sein. Und ganz vielen HSM mangelt es im Alltag gerade an Feinfühligkeit!

Nun ja, daran mangelt es ja vielen Nicht-HSM auch; das Unangenehme ist nur, dass einem HSM das vorgeworfen wird!

Anders ausgedrückt: Von einem hochsensiblen Menschen wird erwartet, dass er grundsätzlich rücksichtsvoll ist. Immer und überall.

 

Nur sind Hochsensible vor allem auch Menschen. Menschen mit Macken, Launen, schlechten Tagen.

 

Und an schlechten Tagen sind die hellseherischen Fähigkeiten vieler HSM, was die Gemütslage ihrer Mitmenschen betrifft, nicht unbedingt at it’s best.  Also bitte, liebe Nicht-HSM, hört auf, ständig zu erwarten, dass jeder HSM jedem anderen Menschen nur beim Vorübergehen bis auf den tiefsten Seelengrund schauen kann wie ein Röntgenapparat die Knochen!

 

 

 

 

 

Sehr gute Frage!  Es gibt sensible und empathische Menschen, die dennoch nicht hochsensibel sind. Und Hochsensible, die kaum sensibler sind als Nicht-Hochsensible.  Wo ist denn da die Grenze zwischen noch-normal-sensibel und hochsensibel?

 

Ich bin nicht sicher, ob es eine Grenze gibt!  Und das ist ein weiterer Grund, warum ich den Begriff HOCHSENSIBILITÄT  oberpeinlich finde.

 

Denn das wichtigste Merkmal der Hochsensibilität ist gar nicht die hohe Sensibilität, sondern die andere Verarbeitung der Wahrnehmungen, die dazu führt, dass viel mehr Reize gleichzeitig wahrgenommen werden und ins Bewusstsein dringen als bei Nicht-HSM; sowie die andere Art zu denken, die damit zusammenhängt. Kurz gesagt: die neuronale Vernetzung ist anders. –

 

Was zu einem weiteren peinlichen Missverständnis führt: Es wird sehr oft angenommen, alle Hochsensiblen seien HOCHBEGABT. Was natürlich nicht stimmt; nur 2% der Gesamtbevölkerung gelten als hochbegabt; d.h.  sie erreichen mit üblichen Testverfahren einen IQ von mindestens 130. Der Anteil von HSM in der Bevölkerung ist aber wesentlich höher. Ausserdem gibt es gar nicht so selten Geistigbehinderte (IQ unter 40), welche hochsensibel sind. Umgekehrt ist es aber wohl so, dass ein sehr grosser Prozentsatz von Hochbegabten HS sind.  Es mag sein, dass viele HSM sich selbst für HB halten, weil sie  extrem schnell Zusammenhänge erfassen und Querverbindungen herstellen durch die andere Art zu denken. So dass man sicher zu Recht behaupten kann:

 

Hochsensible Menschen sind Schnellmerker. Durchblicker.

 

Und das geht doch schon mal in Richtung Begabung, oder?

Jaaa – aber nie, niemals  und nimmermehr würde ich von mir behaupten: Ich habe mehr Durchblick als du. Bin klüger, oder intelligenter. Das wäre nicht nur peinlich, hochmütig und eingebildet, sondern damit würde ich die Menschheit in Klassen einteilen.  Zumindest in den westlichen Gesellschaften, in denen Leistung alles ist.

 

Und damit komme ich wieder zum Anfang zurück.

 

Als Hochsensibler bin ich etwas besonderes! Unabhängig von der Erwartungshaltung meiner Mitmenschen. Egal ob ich hoch- irgendwas bin, Hauptsache hoch! Je höher, desto besser!

Natürlich ist es eine Tatsache, dass ich anders bin als die meisten. Das will ich weder leugnen noch ändern, um Himmels Willen! Ich bin gern so, wie ich bin!

 

Aber ich will nicht hoch sein. Und keinesfalls höher als du.  (Ausserdem, aber das nur so nebenbei, leide ich unter schlimmer Höhenangst.)

 

Und ich möchte mich auch nicht definieren mit Adjektiven, die so stark emotional besetzt sind: Sensibel. Begabt. Klug. Schön. Oder auch Schüchtern. Dumm. Ängstlich. Hässlich.

 

Darum lasst uns bitte einen neuen Begriff finden, der wertneutral ist.

 

Wie wäre es zum Beispiel mit Analogdenker. Oder Synergetiker.

 

Ich bin synergetisch!

 

Ja, das gefällt mir – und klingt um Klassen besser als:

Ich bin hochsensibel.

Literatur:   

  • Wie immer freue ich mich über Kommentare!

8 Gedanken zu „Hochsensibilität – so was peinliches!

  1. Hallo!
    Ich verstehe, warum du das schreibst. Überheblich will ,glaub ich niemand sein. Für mich als Empath ist Solidarität , Respekt und Achtung (=Liebe) das eigentliche Wesen der Empathie. Deshalb muss ich das aber auch nicht unter Beweis stellen. Wenn ich anders ticke als viele Menschen, weil ich Empath bin, heißt das nur, dass ich auf meinem Weg bin. Und jeder andere ist genauso auf seinem. Das muss nicht verglichen werden.
    Und wenn in der Gesellschaft aus dem Begriff HSM die falschen Schlüsse gezogen werden, heißt das für mich bestimmt nicht, dass ich mich in Vorwegnahme dieser Einstellungen, dem unterordnen muss.
    Außerdem , wie soll denn HS ins Bewußtsein gelangen, wenn ich das Wort schamhaft nicht nennen mag? Und ich bin keine Synergetikerin , also kann ich das als Ersatzbegriff nicht nehmen.
    LG

    1. Hallo, Aus HSM Sicht hast du völlig recht; unter Beweis stellen muss ich nichts, darum geht es nicht. Ich denke tatsächlich, der Begriff ist nicht dazu angetan, Nicht- HSM zu vermitteln, was Hochsensibilität eigentlich ist. Ausserdem ist der Begriff auch sehr missverständlich. Hochsensibilität ist ja soviel mehr, als hochsensibel zu sein. Lieben Gruss, Jutta

  2. Liebe Jutta
    Auch bei diesem Thema schreibst du mir mal wieder aus der Seele.
    Auch ich benütze nicht gern Worte die anbehaftet sind mit Emotionen und falschen Erwartungen von NHS und somit auch wenig Verständnis aufkommen kann.
    Zudem stehe ich nicht gern im Focus, deshalb werde ich sowieso dieses Thema nicht einmal im Familienkreis ansprechen. Oder nur bei einer wirklich passenden Gelegenheit.
    Zudem ist es wirklich sehr vielschichtig was die Hochsensiblität betrifft. Nicht einmal ich die HS ist, verstehe mich selbst genug oder nur langsam, weil ich mich jetzt eingehender mit der HS befasse. Also wieso sollen mich meine Mitmenschen besser verstehen als ich mich selbst? Dann bleibe ich lieber ein komischer Kauz für meine Familie und für meine Mitmenschen. Denn ich fühle mich wohl so wie ich bin. Und dass mich andere nicht verstehen, mit diesem Gefühl hab ich zu leben gelernt.
    Klar wäre es gut mehr Sensibilität für dieses Thema zu verbreiten in der Öffentlichkeit. Dann aber wirklich mit guten fachlichen Begriffen… Synergetikerin klingt da schon mal gut als Ansatz. Und man merkt auch gleich dass es im Gehirn mit dem Verarbeiten zu tun hat und es klingt nicht so gefühlsbetont wie wenn man ein Mimöschen wäre….

    1. Hallo Tanja,
      Danke für Dein Feedback Vor allem freue ich mich über einen Kommentar, der zeigt, dass ich nicht der einzige Exot unter den Hochsensiblen bin!

      Lieben Gruss, Jutta

  3. Nach vielen Monaten Pause beschäftige ich mich wieder mit Hochsensibilität und habe eben deinen Blog entdeckt. Mir geht es ähnlich, mit dem Begriff habe ich je länger je mehr Mühe, ich habe den Eindruck, viele bleiben stecken, weil es bequem ist. Vielleicht liegt es an mir, aber spätestens nach der Akzeptanz hört ein Hochsensiblenbericht auf. Ich habe unter anderem MBSR für mich entdeckt und hätte mich gerne online unter dem Aspekt der Hochsensibilität darüber ausgetauscht. Jedoch werde ich da nicht recht fündig. Ich nehme eine Kluft wahr: Die (noch) leidenden Hochsensiblen gegenüber den MBSRlern, die manchmal nebenbei hochsensibel sind. Die Verbindung vom einen zum scheint auf wenig Interesse zu stossen. Ich finde meinen Lernprogress ebenso spannend wie die anfängliche Erkenntnis, hochsensibel zu sein.

  4. Hallo
    Aus der Erfahrung weiß ich wie angegriffen sich viele Menschen-auch mir sehr nahestehende Menschen-sich fühlen, wenn ich mich als hochsensibel bezeichne.
    In der Vergangenheit war das auch oft eine Gelegenheit Menschen mit diesem Thema vertraut zu machen, was genau dahinter steckt. Nämlich nicht das vermutete höher, weiter, besser Prinzip. Und eigentlich war das für alle auch bereichernd. Auch wenn der Begriff irgendwie blöd ist, bezeichnet er ein Phänomen oder ist ähnlich wie eine Diagnose, also eher zweckgebunden.
    Heute hab ich mich in meinem Ausbildungskurs zum systemischen Berater „getraut“ dieses Wort in Bezug auf mich zu verwenden und es war als ob ich eine Verschwörungstheorie zum besten gegeben hätte. Ich hätte nicht erwartet, dass ich in einem solchen Umfeld von einer Dozentin in dieser Art(das typische Augenrollen) bloßgestellt werde. Dass dieses Wort bei Menschen die keine Berührung mit diesem Thema haben missverstanden wird ist für mich durchaus nachvollziehbar, in diesem Kontext hat es mich dann doch erschrocken.

    1. Liebe Magdalene,
      vielen Dank für Deinen Kommentar! Mir ist es bisher nicht begegnet, dass andere sich angegriffen fühlen, wenn man sich selbst „outet“. Aber während Hochsensibel eher als was negatives betrachtet wird im Sinne von superempfindlich und zickig, ist ja sensibel eher positiv besetzt. Vermutlich interpretieren einige die Aussage „Ich bin hs“ gleichbedeutend mit „du bist nicht sensibel und verstehst das nicht“. – Die Reaktion deiner Dozentin zeigt eher, wie wenig das Konzept HS auch bei Psychologen anerkannt ist. Bei systemischen Beratern /Aufstellern finde ich das besonders schade, denn Aufstellungen mehrerer Generationen bieten eine wunderbare Möglichkeit zu forschen, wie sich HS zeigt und entwickelt.

      Herzbewegte Grüsse, Jutta

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