Warum ich keinen Schnee mag

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Jutta AdministratorKeymaster
Mein Name ist Jutta Jorzik-Oels, als Berater und Coach bin ich spezialisiert auf Hochsensibilität. Ich helfe hochsensiblen Menschen in Krisensituationen.

Ob jemand lieber den Sommer mag oder lieber den Winter, hängt glaube ich auch etwas davon ab, wo – in welchem Klima, welcher Landschaft – man lebt. Ich selbst bin ein absoluter Sommertyp: Ich mag viel Licht, bin gern in der Sonne und wäre vermutlich glücklich, wenn es ganzjährig blauer Himmel, Sonne, Temperaturen 24-30 Grad wären. Wenn es unter 23 Grad ist, ob drinnen oder draussen, fange ich an zu frieren.  – Meines Wissens mögen die allermeisten HSM ein gemässigtes Klima; nicht kalt, aber auch nicht zu heiß. Ist eine besondere Empfindlichkeit auf die Wetterverhältnisse HS-typisch? Zumindest nicht bei den mir bekannten.

 

Ich selbst bin vor allem abhängig vom Licht. Nicht von der Länge des Tages, sondern davon, wieviel Licht vom Himmel kommt; sprich davon, wie stark oder schwach die Bewölkung ist.  Wenn der Himmel klar und wolkenlos ist, herrscht automatisch Sonnenschein in meinem Gemüt; und zwar unabhängig davon, ob draussen +30 oder -25 Grad herrschen. Je dichter dagegen die Wolkendecke ist, desto mehr muss ich mich um ein sonniges Gemüt bemühen.   Ich finde dieses Phänomen deshalb recht interessant, weil mir in meinem ganzen Leben noch nie jemand begegnet ist, bei dem das in gleicher Weise, so extrem, der Fall wäre. Seit vielen Jahren; ach was, seit Jahrzehnten arbeite ich daran, meinen Gemütszustand nicht so stark abhängig von der Lichtmenge zu machen.

 

 

Und warum mag ich keinen Schnee?  Das ist  doch ein Widerspruch – der Schnee reflektiert doch das Licht und bricht es tausendfach – wenn die Sonne auf den Schnee scheint, ist es,  als ob man in funkelnden Diamanten läuft; das Licht ist so stark, dass man die Augen schützen muss.

Richtig, so ist es, und deshalb kann ich einem Spaziergang im Schnee an einem klaren Wintertag auch durchaus etwas Schönes abgewinnen.  Einem Sonntagsnachmittagsspaziergang, gewissermassen. Bei einer moderaten Temperatur von – 3 Grad und, ganz wichtig: einer Schneedecke von 6-8 cm! Wären solche Verhältnisse den ganzen Winter durchgehend,

 

DANN – könnte ich mich durchaus mit Schnee anfreunden!

Nun; ich weiss nicht, wo ihr Leser wohnt – in welchem Klima, in was für einer Landschaft. Ich lebe seit vielen Wintern in Südfinnland. Das Klima hat sich, wie wohl fast überall, geändert; es ist viel feuchter geworden mit erheblich mehr Niederschlägen. Es schneit oft tagelang und sehr viel. Letzte Woche mit  der ersten durchschneiten Nacht um die 20 cm.

 

20 cm Schnee macht das Laufen schon sehr mühsam!

Dann schneite es mehr, es waren dann so 35 cm. Und man läuft vorsichtig, fast schon im Storchengang, langsam, Schritt für Schrittchen… Das erschwert den Alltag, denn geräumt wird wenig bis gar nicht. – Mit der Zeit bildeten sich Trampelpfade, die Anwohner schippten 40-60 cm breite Pfade frei. Einerseits erleichtert das ein wenig. Aber es ist nicht genug Platz, um auszuschreiten, wenn man -eine Tasche trägt – ein Kind an der Hand hat – einen Hund an der Leine –  fast ist es, als wenn man durch ein schmales Tal läuft, denn zu beiden Seiten der schmalen Trampelpfade liegt ja der aufgehäufte Schnee wie ein kleiner Wall. Zudem hat der festgetrampelte Schnee die Eigenschaft, extrem glatt, fast wie Eis, zu werden. Dafür gibt es Spikes, die man an den Schuhen befestigen kann. Aber jetzt sind die Schuhe gross und klobig, man hat schlechten Bodenkontakt. Es gibt also 3 Alternativen:

 

  1. Stapfen durch Tiefschnee, immer schön hoch das Knie. (Lustig, wenn man Einkäufe trägt oder einen ungestümen Junghund an der Leine hat!)
  2. Laaangsam, mit vorsichtigen Tippelschrittchen, über die eisglatte Schneedecke schliddern; wegen des schmalen Pfades die Füsse ganz unnatürlich setzend.
  3. Gehen mit Spikes, ebenfalls langsam und vorsichtig in Schuhen, die sich anfühlen wie 5 Nummern zu gross.

 

Ich finde das persönlich extrem beschwerlich, es macht den Alltag so mühsam.

Täglich  verbringe ich viel Zeit damit, mich meine innere Balance zu finden.. mich nicht von Verzweiflung überwältigen zu lassen.

Die, wie ich bis heute morgen glaubte, aus dem Grund von mir Besitz ergreifen will, weil es eben so mühsam ist.

 

Aber das ist nicht der Grund!

Vor 3 Tagen fing es an zu regnen, und es waren einige  Plusgrade. Die dünne Wasserschicht auf dem Schnee machte es binnen Stunden so richtig glatt. Jetzt kann man nur noch mit Spikes laufen. Nach einem weiteren Tag haben sich die Schneemassen in eine schlüpfrige, feuchte, Masse verwandelt, die glatt ist wie Schmierseife. Man versinkt bis zu den Knöcheln. Spikes helfen nicht, es geht nur noch Storchengang. Und immer schön drauf achten, dass man,  – stapf, stapf – die ganze Fusssohle aufsetzt, erst dann den anderen Fuss hebt, mit der ganzen Sohle aufsetzt, und so weiter…

Wenn es jetzt friert in der Nacht, gibt es einige dicke, ungleichmässige Eisschicht. Wir haben Glück – es bleibt auch nachts um die 4 Grad warm und regnet ununterbrochen.

Und am Morgen

– welche Überraschung! – ist ein grosser Teil des Schnees von den Gehwegen weggespült.  Ich gehe hinaus in den Regen. Und nach 11 Tagen extrem mühsamen Fortbewegens – ja, denn als gehen oder laufen kann man das kaum bezeichnen – also nach dieser Zeit wird mir

 

DER WAHRE GRUND KLAR, WARUM ICH KEINEN SCHNEE MAG:

 

Ich gehe wieder! Laufe wie ein Mensch! Setze den Fuss auf, rolle ab… schreite aus… Laufen, gehen, ist eine fliessende Bewegung… es fliesst wieder, ich spüre diese Bewegung bis hinauf in den Bauch, in meinem ganzen Leib.  Merke, wie plötzlich nach etlichen Metern meine  Hüften anders schwingen.  Mein ganzer Körper ist wie befreit, jetzt, wo das Laufen wieder ganz selbstverständlich, automatisch geschieht.

Und vor allem: ich spüre den Boden unter meinen Füssen. Ich spüre die Erde durch meine Schuhsohlen, obwohl sie mit Spikes ausgestattet sind.

 

Mir wird bewusst: Die Erde trägt mich. Sie gibt mir Halt. Ich werde getragen!

Und über dieses völlig andere Körpergefühl kehrt plötzlich mein Selbst-Vertrauen zurück. Mein Vertrauen in das Leben ist wieder da, ohne dass ich mich darum bemühen muss wie die ganzen letzten Tage. Ich spüre die Verbundenheit mit der Erde. Bin in Balance.

Ja, und alles das – dieses Bewusstsein von Getragen-Werden, Halt, Vertrauen, Balance, Verbundenheit – erlebe ich zugleich körperlich, seelisch und geistig.

Wir leben durch unseren physischen Körper auf der Erde, erleben und empfinden durch und in unserem Körper; das seelische Empfinden ist niemals abgetrennt von unserem körperlichen Selbst-Gefühl. Durch den Tastsinn erfahren wir die Welt. Aber dieser grundlegendste unserer physischen Sinne vermittelt uns auch  die Begrenzung unseres Körpers.

Der Schnee, diese merkwürdig faszinierende Masse, die grösstenteils aus Luft besteht, stört massiv das Tasten, das Fühlen der Erde, die uns trägt, verhindert festen Halt.

Und so nehme ich dankbar den grauen Novembertag mit wenig Licht, dichter Wolkendecke und Nieselregen entgegen.

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7 Gedanken zu „Warum ich keinen Schnee mag

    1. warum wohne ich in Finnland? Puh – Dunkel im Winter ist es, ja… aber das wird ausgeglichen durch das Licht im Sommer. Aufs Jahr gerechnet ist hier mindestens soviel Licht wie in Deutschland, ausserdem hat das Licht eine ganz andere ätherische Qualitöt; das hat mich von Anfang an angezogen. Die Kälte ist schlimm, ja, aber immerhin trocken, nicht feucht wie in Deutschland. Und dann – Finnland ist in vieler Hinsicht ein ideales Land für HSM, die Menschen sind so anders; nie treten sie einem zu nahe, weder mit Worten, noch physisch- man hält Abstand voneinander. Selbstverständlich hat das auch ein eKehrseite, aber das ist wieder ein anderes Thema.

  1. Liebe Jutta,
    die Extremwirkung von Licht aufs Gemüt kann ich genau so auch unterschreiben – ich merke schon vor dem Aufstehen, ob die Sonne scheint oder der Himmel dick bewölkt ist. Und zur Temperatur – mein Spruch ist immer, ab + 25 ° C ist meine Behaglichkeitstemperatur.
    Jetzt gerade haben wir Schnee in Niedrbayern – und ich liebe es. Dadurch wirkt die Welt heller, nicht so triste wie ich es z.B. im Ruhrgebiet, wo es sehr viel seltener schneit, empfand.
    Liebe Grüsse
    Mechthilde

  2. Ja. Das kann ich gut nachempfinden…
    Ich wohne direkt an der dänischen Grenze, weil ich hier eine ganz andere Beziehung zu Erde, Himmel und Meeren habe. Das Leben fühlt sich frei an. Habe vorher in Nidersachsen(=Stagnation) und im Ruhrgebiet gewohnt.
    Was ich hier aber im Herbst, Winter (und leider in den letzten zwei Jahren manchmal auch im Sommer) mitbekomme, ist so eine Art Rückzug der Erde.
    Das ist belastend und weckt in mir den Wunsch: passende Klamotten an, raus und mich nass regnen lassen, dann fühle ich mich lebendiger. Besser wäre natürlich Sonne, Wind und ab ins Meer… ?

    1. Liebe Christiane, ich stamme aus de Ruhrgebiet! Da habe ich so darunter gelitten, dass der Boden so leblos war, alles ausgehöhlt. – Rückzug der Erde – Was meinst du damit? Dass die Lebenskräfte der Natur sich zurückziehen? Das erlebe ich nämlich hier sehr stark. Und auch die Lichtkräfte haben hier sehr stark nachgelassen innerhalb der letzten 20 Jahre. Liebe gRüsse, Jutta

      1. Liebe Jutta,
        Rückzug der Erde hab ich konkret hier erst mal auf den jahreszeitlichen Rückzug bezogen. Irgendwie scheint im Herbst/Winter alles an Lebenskraft weg zu sein. Ab Februar wartet alles.
        In den beiden letzten Sommern hatte ich aber auch den Eindruck eines größeren Rückzugs der Erde. Ich habe aber kaum Vergleichspunkte, weil ich hier erst seit 3 Jahren wohne. Aber unsere Nachbarin sagte etwas Ähnliches, was sich hier seit ihrer Geburt alles verändert habe.
        LG
        Christiane

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